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Häusliche Pflege braucht mehr als warme Worte

09.05.2024

Pflege im eigenen Heim gewinnt an Bedeutung. Damit steigen nicht nur die Anforderungen an die Spitex, sondern auch an pflegende Angehörige. Home60 sprach mit der IAHA-Geschäftsführerin Rachele Wey darüber, wie sich deren Situation verbessern lässt.

Pflege zu Hause bietet zwei grosse Vorteile: Die betroffenen Personen können ihre Autonomie wahren und die Kosten sind meist tiefer als in ein Pflegeheim. Doch viele öffentliche Spitex-Organisationen stossen an ihre Kapazitätsgrenzen. Die häusliche Pflege wird in Zukunft kaum noch zu bewältigen sein, wenn nicht Angehörige mitziehen. Für deren Pflegeleistungen gibt es heute eine finanzielle Entschädigung. Die private Spitex-Organisation «International Association for Healthy Aging» (IAHA) hat sich unter anderem auf die Unterstützung von pflegenden Angehörigen spezialisiert.

Pflege wird bezahlt, Betreuung nicht

Rachele Wey sagt: «Wir kümmern uns um die Anstellung von pflegenden Angehörigen, aber auch privat angestellten Pflegepersonen, die häufig in einem Graumarkt arbeiten.» Das ist nicht ganz so einfach, denn der Gesundheitsmarkt ist auch hier streng reguliert. So muss zunächst eine Diplomierte Pflegefachperson der IAHA anhand eines umfangreichen, vom Spitexverband und den Krankenkassen anerkannten Leistungskatalogs den Pflegebedarf feststellen. «Die tägliche Pflegeleistung bewegt sich im Rahmen zwischen einer und drei Stunden», erklärt Wey.

Die Angehörigen leisten fast ausschliesslich Grundpflege. Dabei geht es um die körperliche Unterstützung der Patienten, also beispielsweise Duschen, Anziehen von Stützstrümpfen, Umlagern im Bett usw. «Solche Tätigkeiten werden von den Versicherern vergütet. Kein Geld aus der Grundversicherung gibt es dagegen für Betreuungsaufgaben, Hausarbeit oder Einkaufen», betont Wey.

Wertvoller Zustupf

Reich wird also niemand, der Angehörige pflegt. «Aber es ist in vielen Fällen ein wertvoller Zustupf, der beispielsweise jüngeren berufstätigen Angehörigen ermöglicht, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, oder Entlastungstage zu finanzieren», sagt Wey. So kann man bei einer täglichen Pflegeleistung von 1.5 Stunden, bei dem von IAHA bezahlten Stundenlohn von 36 Franken, immerhin mit einem Monatseinkommen von rund 1400 Franken rechnen.

Eine Voraussetzung für die Bezahlung ist ein Pflegehelfer-Kurs. Die Kosten für diesen Kurs übernimmt die IAHA, zusätzlich bietet sie monatlich mindestens zwei Weiterbildungen an. «Diese sind klar auf den praktischen Pflegealltag ausgerichtet und dafür sehr geschätzt», weiss Wey und ergänzt: «Wir sehen uns auch als Gemeinschaft und organisieren daher regelmässige virtuelle Treffen mit pflegenden Angehörigen und anderen Pflegepersonen. Der Austausch stärkt die Teilnehmenden im Alltag, bietet eine Plattform für Menschen in der gleichen Situation».

 

Eine Kostenlawine?

Die Krankenversicherer sind natürlich nicht wirklich begeistert, dass sie vermehrt auch Pflegeleistungen von Angehörigen berappen müssen. Weil die Pflegefälle ansteigen, befürchten sie eine Kostenlawine. Doch Wey relativiert: «Nur rund 1 Prozent der Gesundheitskosten betreffen Spitex-Leistungen.» Ausserdem ist die Verschiebung vom stationären zum ambulanten Bereich politisch gewollt und soll gefördert werden.

Die Spitex-Leistungen werden also zunehmen. Und auch die öffentlichen Spitex-Organisationen haben begonnen, pflegende Angehörige einzubeziehen. Bleibt die Frage, warum es dann private Organisationen wie die IAHA braucht. Eine Antwort gibt die Studie «Pflegende Angehörige bei der Spitex anstellen» der Careum-Hochschule Gesundheit, Zürich (2021). Dort ist nämlich nachzulesen, dass ein Teil der öffentlichen Spitex-Organisationen an der Anstellung von Angehörigen gar nicht interessiert ist.

Bei Fragen erreichen Sie die IAHA unter 044 208 88 44, [email protected]www.iaha.ch

Die erwähnte Careum-Studie finden Sie hier:

https://www.spitex.ch/files/QM6ODXK/manual_pflegende_angehoerige_7_2023.pdf